Jahrhunderte im Dienst der Verwaltung: Der Pfleghof Ötisheim blickt auf eine bewegte Geschichte zurück – vom klösterlichen Finanzzentrum bis zur heutigen Kämmerei der Gemeinde. Ein Ort, der über Generationen hinweg Verwaltung, Handwerk und Geschichte miteinander verknüpft.
Ötisheim. Im Herzen des historischen Ortskerns steht ein Gebäude, das mehr als nur Mauerwerk ist: der Pfleghof. Bereits vor 1692 erbaut, diente er dem Kloster Maulbronn als Finanzamt für zahlreiche umliegende Dörfer – darunter Lomersheim, Dürrmenz, Enzberg und Mühlacker. Was heute eine Verwaltungseinheit der Gemeinde ist, war einst Zentrum der klösterlichen Wirtschafts- und Abgabenstruktur.
Vom Herrenhaus zur Grangie
Es wird vermutet, dass an der Stelle des heutigen Pfleghofs zunächst ein Herrenhaus stand, das später in eine klösterliche Grangie – eine Art landwirtschaftliches Verwaltungszentrum – umgewandelt wurde. Bauern und Handwerker der umliegenden Orte entrichteten dort ihre Abgaben in Naturalien oder Geld. Zuständig war ein vom Kloster bestellter Pfleger, der nicht nur den Hof verwaltete, sondern auch die Zehntscheuer, die Kelter, das Pfarrhaus sowie den Kirchturm.
Krieg, Wiederaufbau und Wandel
Nach der Schlacht bei Ötisheim 1692, bei der französische Truppen das Dorf weitgehend zerstörten, gehörte der Pfleghof zu den wenigen Gebäuden, die überlebten. Doch auch er musste 1727 vollständig neu errichtet werden – das Baumaterial kam durch Fronarbeit aus Ötisheim und weiteren klosterabhängigen Gemeinden.
Vom Finanzamt zur Brauerei
Ab etwa 1810 wechselte der Pfleghof in Privatbesitz. 1870 entstand darin die bekannte Pfleghofbrauerei Linck, die mit Unterbrechungen bis 1951 betrieben wurde. Ein Stück Ötisheimer Alltagsgeschichte, das vielen noch in Erinnerung ist. 1973 kaufte die Gemeinde das Anwesen – und bewahrte so ein Stück ihrer eigenen Geschichte.
Heute: Kämmerei mit Vergangenheit
Seit der Renovierung 1975 beherbergt der Pfleghof die Kämmerei der Gemeindeverwaltung Ötisheim. Wer heute das Gebäude betritt, begegnet nicht nur einem Verwaltungsbüro – sondern einem Ort, an dem über 300 Jahre Verwaltungstradition lebendig geblieben ist.
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