Kunst oder Propaganda? Der Berliner Archivar Ulf Rathje präsentierte im Stadtarchiv Pforzheim neue Forschungsergebnisse zur NS-Kunst an der Buckenbergkaserne. Im Fokus: Die umstrittenen „Buckenberg-Köpfe“ – zwischen Denkmalwert und ideologischer Aufladung.
„Buckenberg-Köpfe“ zwischen Kunst und Ideologie: Vortrag im Stadtarchiv Pforzheim sorgt für Diskussion
Pforzheim, 15. Juli 2025 – Rund 90 Jahre nach der Errichtung der Buckenbergkaserne beschäftigt ihr künstlerisches Erbe noch immer Wissenschaft und Öffentlichkeit. In der Reihe „Montagabend im Stadtarchiv“ stellte am 14. Juli der Berliner Archivar und Historiker Ulf Rathje die Ergebnisse seiner umfassenden Recherchen zur Kunst am Bau der Kaserne vor – und bot damit neue Perspektiven auf ein heikles Kapitel lokaler Geschichte.
Im Zentrum des Abends standen die sogenannten „Buckenberg-Köpfe“, monumentale steinerne Plastiken, die einst die 1936 gebaute Kaserne zierten. Nach deren Abriss im Jahr 2007 wurden die Skulpturen geborgen und eingelagert. Seitdem wird intensiv über ihren künstlerischen und historischen Wert sowie ihre Nähe zur NS-Ideologie diskutiert.
Kunst oder Propaganda? – Eine faktenbasierte Spurensuche
In seinem reich bebilderten Vortrag – sowohl vor Ort im Stadtarchiv Pforzheim als auch per Livestream verfolgt – stellte Rathje zentrale Fragen:
Was stellen die Werke dar? Wer hat sie geschaffen? Und wie ist ihr Kontext im Hinblick auf das NS-Regime zu bewerten?
Im Auftrag des Kulturamts Pforzheim hatte Rathje nicht nur einschlägige Literatur ausgewertet, sondern auch aufwendige Recherchen im Bundesarchiv sowie im Generallandesarchiv Karlsruhe durchgeführt. Aufgrund der fragmentarischen Quellenlage war es sein Ziel, eine belastbare Grundlage für eine sachliche Diskussion zu schaffen – jenseits von Spekulation oder ideologischer Vereinnahmung.
Rathjes Fazit: Die „Buckenberg-Köpfe“ stehen exemplarisch für die Ambivalenz vieler Kunstwerke aus der NS-Zeit. Zwischen formalem Anspruch und politischer Vereinnahmung bewegt sich die Einordnung bis heute im Spannungsfeld zwischen ästhetischer Betrachtung und historisch-moralischer Verantwortung.
Ein Beitrag zur historischen Aufarbeitung in Pforzheim
Ulf Rathje ist in Pforzheim kein Unbekannter. Mit seinen Publikationen über die Pforzheimer Straßennamen (2009) oder die jüdische Familie Posner (2020) hat er bereits wertvolle Impulse zur lokalen Geschichtsforschung geliefert. Die Ergebnisse seiner aktuellen Arbeit werden im kommenden Band der Reihe „Neue Beiträge zur Pforzheimer Stadtgeschichte“ veröffentlicht, die vom Stadtarchiv Pforzheim herausgegeben wird.
Der Vortrag zeigte eindrücklich, wie eng Kunst, Politik und Geschichte miteinander verwoben sind – und wie wichtig eine kritisch-historische Aufarbeitung solcher Werke für die Erinnerungskultur vor Ort bleibt.
Veranstaltungsort:
Stadtarchiv Pforzheim
Kulturamt Pforzheim
Vortrag: 14. Juli 2025
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