Zwischen Jugendstilschmuck, Pionierinnen wie Bertha Benz und Kriegszerstörung hat das ehemalige „Millionenviertel“ von Pforzheim bewegte Zeiten erlebt. Heute erinnern nur noch wenige Spuren an die einstige Blütezeit – ein Rückblick auf Luisenstraße und Berliner Straße zwischen 1849 und heute.
Pforzheim. Wer heute durch die Luisenstraße oder Berliner Straße in Pforzheim spaziert, ahnt kaum, dass er sich auf geschichtsträchtigem Boden bewegt. Wo heute moderne Wohn- und Geschäftshäuser stehen, befand sich einst das Herz der Pforzheimer Schmuckindustrie – das sogenannte „Millionenviertel“.
Das Schmuckviertel um 1900 – Glanzzeit mit Jugendstil
Um die Jahrhundertwende entwickelte sich das Viertel zwischen Luisen-, Tunnel- und Durlacher Straße rasant. Der Bahnhof brachte neue Verbindungen, und mit ihm florierte die Schmuckindustrie. In der Luisenstraße 52 etwa residierte Theodor Fahrner, einer der erfolgreichsten Hersteller von Jugendstilschmuck. Seine Firma vereinte Designer, Fabrikation und das eigene Wohnhaus unter einem Dach. Bereits 1909 wurde das Anwesen erweitert.
Typisch für die Gegend war die Durchmischung von Wohnhäusern der Fabrikanten und angrenzenden Werkstätten – eine urbane Struktur, die sich als äußerst produktiv erwies und dem Viertel den Beinamen „Millionenviertel“ einbrachte.
Bertha Benz – Automobilgeschichte mit Pforzheimer Wurzeln
Nur wenige Jahre zuvor, 1888, schrieb Bertha Benz Geschichte: In einem Patent-Motorwagen ihres Mannes Karl Benz unternahm sie die erste Fernfahrt von Mannheim nach Pforzheim, um ihre Mutter zu besuchen. Ihr Geburtshaus stand in der damaligen Unteren Ispringer Straße, heute Berliner Straße 13. Geboren wurde sie 1849 als Tochter eines Zimmermeisters und besuchte die Höhere Töchterschule in Pforzheim. Ihre Mitgift ermöglichte die Gründung von Benz’ erster Werkstätte.
Zerstörung und Wiederaufbau nach 1945
Der Luftangriff am 23. Februar 1945 traf das Viertel besonders hart. Die gründerzeitliche Bebauung der Leopoldvorstadt wurde fast vollständig zerstört. In den 1950er- und 1960er-Jahren erfolgte ein schlichter Wiederaufbau. Architekt Karl Heinz Stocker errichtete 1968 ein markantes Sichtbetonhaus an der Ecke Berliner- und Durlacher Straße.
Auch das Gründerzeitgebäude an der Berliner Straße 14 – einst Sitz der bekannten Schmuckfabrik F. Zerrenner – wurde in vereinfachter Form wiederhergestellt. Die Firma, 1843 gegründet und mit Jugendstilschmuck international bekannt, wurde 2002 endgültig aufgelöst.
Berliner Straße: Ein Name mit Symbolkraft
1961 erhielt die frühere Untere Ispringer Straße einen neuen Namen: Berliner Straße – als Zeichen der Solidarität mit der geteilten Stadt Berlin. Die Umbenennung fand am 17. Juni, dem damaligen „Tag der deutschen Einheit“, statt.
Fazit:
Zwischen Jugendstilschmuck, Automobilgeschichte und Kriegszerstörung erzählt das Viertel rund um Luisenstraße und Berliner Straße ein vielschichtiges Kapitel Pforzheimer Stadtgeschichte. Heute erinnern Straßennamen und einzelne Gebäude an eine Zeit, in der Pforzheim nicht nur Goldstadt, sondern auch ein Zentrum des Fortschritts war.
Quelle KI
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