Von Südamerika über Spanien bis nach Oberfranken: Die Kartoffel hat eine erstaunliche Reise hinter sich. In Pilgramsreuth begann ihr Siegeszug durch deutsche Äcker – und wurde zur Lebensretterin in Hungerszeiten.
Heute zählt sie zu den Grundnahrungsmitteln schlechthin, doch ihr Weg auf deutsche Felder war lang und beschwerlich: die Kartoffel (Solanum tuberosum), einst eine botanische Rarität aus Südamerika, trat ihren Anbau-Triumph in Deutschland Mitte des 17. Jahrhunderts an.
Als erster deutscher Landwirt, der die Erdknolle gezielt anbaute, gilt Hans Rogler aus Pilgramsreuth. Um 1647 brachte er die „Tartuffel“, wie sie damals genannt wurde, aus Roßbach in der Nähe des heutigen Tschechien nach Oberfranken. Bald darauf fand die Kartoffel regen Anklang – bis Ende 1694 wuchs sie bereits auf über 500 Feldern mit einem Jahresertrag von rund 1300 Zentnern.
Im Jahr 1702 berichtet der Autor Florinus, dass in der Region um Nürnberg bereits eine purpurblühende, rotschalige Kartoffelsorte kultiviert wurde – Beweis für die rasche Verbreitung der Knolle in Süddeutschland. Um 1710 gelangte die Kartoffel über den piemontesischen Waldenser Antoine Seignoret sogar bis nach Württemberg.
Besonders während der Hungersnot von 1816 bewies die Kartoffel ihren wahren Wert. In Bayern half sie, ganze Landstriche vor dem Verhungern zu bewahren. Ihr verdanken wir bis heute zahlreiche Denkmäler – das älteste steht seit 1737 auf dem Galgenberg in Würzburg und wurde vom Medizinprofessor Philipp Adam Ulrich errichtet.
Ob als "Erdapfel", "Tüffke" oder "Potaten" – die Knolle hat sich unter verschiedensten Namen in ganz Deutschland etabliert. Botanisch zählt sie zur Familie der Nachtschattengewächse. Essbar sind jedoch nur ihre unterirdischen Knollen – grüne Pflanzenteile enthalten Solanin und gelten als giftig.
Weltweit werden jährlich über 350 Millionen Tonnen Kartoffeln geerntet. Die Pflanze ist nicht nur Nahrung, sondern auch Futtermittel und industrieller Rohstoff. Ihre genetische Vielfalt beeindruckt: Mehr als 800 identifizierte Krankheitsresistenz-Gene könnten den Kartoffelanbau der Zukunft prägen.
Vom Ziergewächs zum Retter in der Not – die Geschichte der Kartoffel zeigt, wie ein Exot zum unverzichtbaren Teil der deutschen Esskultur wurde.
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